Manchmal kommt man an einen Punkt, an dem sich Interesse, Hobby und Beruf vereinen. So geschehen vergangene Woche, als ich im Rahmen einer Fortbildung in Freiburg verweilte. Als gelernte Altertumswissenschaftlerin lässt mich das Thema Klassische Archäologie und Alte Geschichte nie ganz los. So war es mir quasi ein Bedürfnis, dem Archäologischen Museum in Freiburg im Colombischlössle einen Besuch abzustatten. Wenn beim Besuch des Museums das Thema Glas als Hobby auf das Interesse und den Beruf trifft, dann schaltet sich mein logischer Verstand für einen Moment in den "Ich-bin-völlig-Begeistert" Modus.
Glasschale vom Oberrhein bei Freiburg aus dem 5. Jh.u.Z., gefunden in einem Grab |
Das Seeglas mein heimlicher Favorit ist, sollten einigen Lesern und Freunden von MeerSchmuck schon bekannt sein und wenn in einer kleinen Sammlung neben antikem Glas auch antike Muscheln und Bernstein als Funde aus der Westgermanischen Region präsentiert werden, dann bin ich nur noch entzückt. In dem Museum sind zahlreiche Glasgegenstände aus den Bereichen Grabbeigaben , Alltagsgegenstände und Schmuck zu sehen. Glas als Schmuck? MeerSchmuck scheint also einer alten antiken Tradition zu folgen, denn schon damals - vom 5. Jh.v.u.Z. bis in frühalemannischer Zeit im 4. /5.Jh.u.Z. - wurden Ketten, Armringe und Broschen aus oder mit Glasperlen hergestellt.
li o - Glasperlen, 550-30 v.u.Z. re o - Millefiorperle aus alemannischer Zeit li u - Perlenkette aus Glas aus alemannischer Zeit re u - Glasmurmel in einem römischen Brettspiel |
Der Handel vollzog sich auch bis in den Ostsee-Raum, denn Bernsteinperlen waren ebenfalls Grundlagen für die Schmuckherstellung. Ob als kostbarer Schmuck an Ketten oder als "magischer" Schwertanhänger eines Spatha (Langschwertes), importierter Bernstein und Muscheln sowie Glas waren beliebte Materialien und zeugten für Reichtum und Ansehen.
li o & re u - Meeresschnecke re o - Bernsteinarmband liu - grosse Bernsteinperle aus alemannischer Zeit |
Glas in der Antike und im frühen Mittelalter war wertvoller als Gold, denn "die Verarbeitung von Glas zu dünnwandigen Gefässen war um 500 v.u.Z. in Mitteleuropa gänzlich unbekannt. Nur in Werkstätten im Vorderen Orient hatten damals die technischen Voraussetzungen (...)" Glas zu formen. Quelle
Doch mit der römischen Besiedlung durch Militärlager hielt auch das Glas - erst als Luxusartikel dann als Alltagsgegenstand - Einzug rund um die Gegen am Oberrhein.
li o - Glasschale re o & li u - Vorratsgefässe aus Glas, 2.-3.Jh.u.Z. re u - Scherben einer Fensterglasscheibe, 1.Jh.u.Z. |
Glas diente nicht nur als Geschirr oder Aufbewahrungsgefässe, sondern "Fensterscheiben aus Glas waren in römischen Gutshöfen nördlich der Alpen weit verbreitet. Meist waren die Fenster in den Badegebäuden verglast." Quelle
Der westgermanische Kulturkreis der Alemannen greift das Material Glas auf und bindet es in seine religiösen Kulte ein. So wurde Glas nicht nur tradiert sondern auch auf eigene Weise in den Kulturkreis integriert.
li o & re o - römische Glasbecher, 4./5.Jh.u.Z. li u - Sturzbecher re u - Glasschale |
Diese Kunst der Glasherstellung ist in allen Bereichen ungeschlagen, doch wenn es um ein Lieblingsexponat geht, dann sind es die kräftig-farbigen Gläser, die mich faszinieren. Die Kunst der zeitlosen Formen und Farben erinnern mich an moderne Gläser in den Farben des Sommers und des Meeres, wie ich sie selbst auch besitze.
römische Glasbecher, 15-9 v.u.Z. |
Der Besuch im Archäologischen Museum war also eine kleine Zeitreise und hat mir das Glas in mehreren Epochen von der Antike über das frühe Mittelalter bis in die Gegenwart näher gebracht. Glas und vor allem das Seeglas ist und bleibt auch weiterhin meiner heimlicher Favorit aller (Strand)funde.
Habt Ihr ein Lieblingsmuseum? Welche Ausstellungsthemen interessieren Euch? Welches Exponat fasziniert Euch besonders? Ich freue mich über Antworten, denn ich bleibe neugierig!
Ahoi, Anne
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